Von der fabelhaften Gleichzeitigkeit der Gefühle

»Weisst du, welcher Gedanke mich nicht mehr loslässt? Dass man nie einfach bloss zufrieden oder traurig, wütend oder gelangweilt, enthusiastisch oder was auch immer ist… Man ist stets so vieles aufs Mal. Mehr noch, eigentlich ist man die meiste Zeit über doch alles. Gleichzeitig. Irgendwie.

Ich meine, ich kann wahnsinnig in dich verliebt sein und in derselben Sekunde sauer auf den Autofahrer, der mich heute Morgen auf dem Zebrastreifen beinahe über den Haufen gefahren hätte. Gleichzeitig kann ich mich müde fühlen, weil ich letzte Nacht zu spät ins Bett bin – und pures Glück empfinden über das Stück Apfelkuchen im Teller vor mir, welches ich esse, während ich mit dir in unserem Lieblingscafé sitze und mit der Welt beinahe im Reinen bin.

Drei Herzwindungen weiter hinten um die Ecke links sitzt gleichwohl still und leise die ewige Angst vor dem Alleinsein, während nur ein paar Schritte weiter der Unmut über den gestrigen Streit mit meiner Mutter an irgendeine Aortenwand gelehnt geduldig Däumchen dreht. Bei so vielen Gefühlen, die wir tagein tagaus in verschiedenen, mal mehr und mal weniger zugänglichen Stellen unseres Bewusstseins mitschleppen, ist es ein Wunder, dass wir nicht andauernd und überall emotional explodieren. Stell dir vor, du läufst durch die Strassen und vor, neben, hinter dir funken die Emotionen aus den Menschen heraus wie fehlgezündete Feuerwerkskörper, in alle vier Himmelsrichtungen und ohne Ziel oder Absicht… «

»Du und deine fantastischen Gedanken… Ich sage das nicht zum ersten Mal, ich finde, du hast ‘ne Meise! Genau das liebe ich an dir. Ich liebe es so sehr, dass mir das Gewicht all der anderen Gefühle, die ich deiner Meinung nach andauernd mit mir rumtrage, ehrlich gesagt nicht weiter der Rede wert vorkommt.«

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