Ein Sonntag im Juli

Ein Sonntag im Juli.
Die Sonne scheint.

Durch das offene Fenster und einen Hauch Vorhangspitze dringen Geräusche, die meiner persönlichen Ahnung von Leben näher kommen als ich mich hier und jetzt fühle.

Hundegebell.
Schuhabsätze auf Guberstein.
Vogelgezwitscher, in welches sich die Stimmen vorbeispazierender Passanten mischen.

Ich sitze im Schneidersitz vor meinem Fenster auf dem Fussboden, mein Blick nach draussen zeigt entsprechend nur Hausfassaden – Gelb, Hellblau, Eierschale – eine Unmenge von Dachziegeln (ich widerstehe der Versuchung, sie alle zählen zu wollen) und eine Etage darüber einen wolkenlos blauen Himmel.

Wie heisst es doch so schön? »Alles eine Frage des Blickwinkels«.

Ich lasse mich rücklings nach gestern und damals fallen und sehe mit einem Mal von uralten Holzbalken durchbrochenes, krümeliges Weiss.

Ich schliesse die Augen, lausche dem juliwachen Leben, das von draussen mit jedem Luftzug zu mir hereinweht und bemerke wie sich zögerlich ein leises Lächeln neben der sonntagmorgendlichen Schwermut bequem zu machen wagt.

Meine Mundwinkel erreicht es vielleicht nicht, aber das tut nichts zur Sache. Wenn ich über die Jahre eines gelernt habe, dann dass man, was nach aussen hin sichtbar ist, nie mit all jenem verwechseln sollte, was womöglich tatsächlich ist.

Ein Bus fährt vorbei.
Kirchenglocken stimmen ein.
Das Vogelgezwitscher wird lauter.
Ein Sonntag im Juli.
Die Sonne scheint.

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