Von Achterbahn-Metaphern und dem Leben an sich

Im Grunde glaube ich nicht, dass wir viel zu verlieren haben, geschweige denn zu gewinnen. Zumindest nichts, was anhält. Um in gedanklichen Bildern zu sprechen – mir erscheint das Leben die meiste Zeit über so, als sässen wir in einer riesigen Achterbahn, deren bereits etwas in die Jahre gekommenen Wägelchen geduldig ihre Kreise ziehen.

Sie sind gut besetzt, die Waggons. Die Gesichtsausdrücke ihrer Passagiere könnten unterschiedlicher nicht sein. Man sieht welche, die ängstlich die Hände vors Gesicht schlagen, solche die lachend beide Arme hochwerfen, jene die das Ganze keine Miene verziehend absitzen und wiederum andere, die sich die sprichwörtliche Seele aus dem Leib kreischen (wahlweise lachend oder die Hände vors Gesicht schlagend).

Ich sitze in meinem Wägelchen mit ineinander verknoteten Beinen und halte mich mit überkreuzten Armen an meinen Ossa Coxae fest. Sie beruhigen mich, jene unnachgiebigen, aus Kalk und dem ganzen Rest bestehenden tatsächlichen Fixpunkte meiner selbst.

So drehen wir Runde um Runde, werden behäbig in Richtung Himmel gezogen, bloss um ganz kurz auf dem allerhöchsten Punkt zu verweilen – jenem einen Punkt, der den Sternen so nah scheint, dass manche Tränen lachen und andere still vor sich hin schmunzeln. Noch bevor wir überhaupt fassen können, wie uns geschieht, reißt es uns auch schon wieder bergab, hinunter ins Tal der menschlichen Eitelkeiten. Es muss schliesslich weitergehen, nicht wahr? Oh, wie gerne würde ich hin und wieder einfach mal kurz stillstehen und ein wenig zur Ruhe kommen.

Ich blicke vorsichtig zur Seite und hinunter auf den Boden der Tatsachen. »Wieso sitzt eigentlich niemand im Fahrerhäuschen?«, schiesst es mir durch den Kopf, während ich selbigen wieder nach vorne und in deine Richtung drehe. Als sich unsere Blicke treffen, muss ich lächeln. Wie du dasitzt, mir gegenüber in jenem Waggon, der hier und jetzt unserer ist und mich mit dieser eigentümlichen Mischung aus leiser Furcht, wilder Entschlossenheit und so etwas wie Liebe anschaust. Ich wüsste nicht, mit wem ich zurzeit lieber hier sitzen und mich durchs alltägliche Dasein chauffieren lassen würde. Ich hoffe, zurzeit hält an.

So geht es auf und ab, höher, schneller, weiter. Und wir alle gehen mit, ob wir wollen oder nicht, denn Stillstand – den gibt es nun mal nicht in diesem Leben. Als die nächste rasante Talfahrt ansteht, greife ich nach deiner Hand und schliesse die Augen, noch immer lächelnd. Weil mit dir gemeinsam fallen so viel weniger Angst macht als alleine.

0 Kommentare
Vorheriger BeitragNächster Beitrag

Hinterlasse einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert