Wenn aus tausend nichts wird

Es ist nicht so, dass ich nicht daran glaube. Dass sich hinter all dem Aufstehen und sich ins alltägliche Leben werfen irgendein Sinn versteckt. Ich befürchte nur, er ging mir verloren. Ich glaube, es war an jenem Abend im vergangenen Herbst, als du auf dem Absatz kehrt gemacht und dich aus meinem Hier und Jetzt gestohlen hast. Ohne auch nur einmal kurz zurückzublicken.

Es heisst ja immer, man sollte sich selbst genug sein, das eigene Glück nicht von Dritten abhängig machen. Ich bin mir selbst aber nicht genug. Nicht, seit du auf der Bildfläche meiner ganz persönlichen Kleinkunstbühne der Emotionen erschienen bist.

Das kann man schade finden, dumm, was auch immer. Aber mal ehrlich, wann hat sich das Herz je darum gekümmert, was irgend so ein dahergelaufener Kopf meint, denkt oder glaubt?

Nichtsdestotrotz sitze ich kopfschüttelnd da und frage mich, wie es sein kann, dass das Fehlen eines einzigen Puzzleteils dazu führt, dass das gesamte Bild nicht mehr als solches zu erkennen ist. Dass mein Leben noch dasselbe Leben ist wie zuvor und dennoch nichts mehr wirklich Sinn zu machen scheint. Dabei gab es dich bis vor einem Jahr gar nicht – für mich. Du 1001. Puzzleteil in meinem Puzzle, auf dem seit Jahr und Tag »1000 Teile« steht.

Die tausend beschissenen Teile, die mich seit jeher ausmachen sind alle da, ich habe sie erst gestern Nacht wieder gezählt. Und dennoch fehlt mir jenes eine überzählige, welches du bist, so sehr, dass aus tausend nichts und die scheinbar offensichtliche Logik der Mengenlehre damit mal eben aus den Angeln gehoben wird.

Es ist nicht so, dass ich nicht daran glaube. Dass sich hinter all dem Aufstehen und sich ins alltägliche Leben werfen irgendein Sinn versteckt. Vielleicht finde ich ihn eines Tages wieder. Im nächsten Herbst oder im darauffolgenden Frühling, in bitterkalten Winternächten oder an buntglühenden Sommertagen.

Vielleicht lerne ich irgendwann aufs Neue, wie es ist, mit einem vollständigen Set an Puzzleteilen zufrieden zu sein – statt mich Tag für Tag nach jenem einen überzähligen anderen zu sehnen, das ganz offensichtlich zu viel war und entsprechend nirgendwohin richtig passte.

1 Kommentare
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Kommentare

  • Vera

    Februar 11, 2020 at 21:14
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